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Ihre früheste Geschichte bis 1800
(von Dr. Irmtraut Engling zur 275-Jahrfeier 1994)
- Da die Gilden in unseren Städten und Gemeinden heute die einzigen Vereinigungen mit jahrhundertealter volkstümlicher Tradition sind und dabei zugleich die Geschichte ihres Ortes wiederspiegeln, lohnt es sich sehr, ihrer Entstehung und Entwicklung nachzugehen.
Die Quellenlage für Lütjenburg ist karg und fachkundig noch wenig ausgewertet. Erst in allerjüngster Zeit ist weiteres Material öffentlich geworden und konnte daher noch nicht voll gesichtet und verarbeitet werden. Vom derzeitigen Kenntnisstand ist trotzdem ein in vielen Einzelheiten aufschlußreiches Bild zu vermitteln. - Das erste Protokollbuch der jetzt (1994) 275 Jahre alten Gilde beginnt mit der Mitteilung vom 18.Mai 1719, man sei übereingekommen, die örtliche Schützen-Todten- und Brand-Gilde wiederumb zu renovieren . In den calamiteusen Kriegszeiten (Nordischer Krieg 1700 - 1721) hatte kein Gildeleben mehr stattgefunden. Eine Reihe von Gildebrüdern war verstorben, einige auch von hier gereyset , d.h. fortgezogen. Die noch Verbliebenen forderten zum Neubeginn auf. Wer ehrlich, redlich und guten Gerüchts (Ruf) sei, möge sich neu einschreiben lassen, alte wie neue Mitglieder. Die Einschreibgebühr alten Herkommens betrug nun 3 Mark, Auswärtige hatten zudem einen Bürgen zu stellen. Ehemalige Mitglieder konnten erheblicher Ursachen halber auch ausscheiden, allerdings nur gegen eine Tonne gut Lütjenburger Biers. Die Angehörigen der sog. Vier Ämter - also Schuhmacher, Bäcker, Schneider und Schmiede - waren, ohne diß in dieser Gilde sich zu begeben verbunden . Im Protokollbuch folgen dann 80 Namen der sich Neueintragenden, geordnet nach den vier Wohn-Quartieren der Stadt, und die 39 Artikel der neuen Gildesatzung sowie der en Genehmigung seitens des Rates vom 20.Mai, gebührenfrei aus Liebe zu den sämtl. Gildebrüdern.
- Anläßlich des Neubeginns hatten sich einige Gildebrüder als edle Stifter erwiesen: ein wohlmeinendes Hertz , jedoch ohne Namensangabe, spendete das Protokollbuch, der Tischlermeister Bartold Augustiens die damals noch unbeschlagene Gildelade, der Drechslermeister Paul Hahn den hölzernen Gildehammer, den Schmiedemeister Peter Wichmann mit Silber beschlagen ließ, der Kaufmann und Ratsherr Hinrich Gevert einen klein zinnern Willkomm als Gildepokal. Für den Silbervogel, der noch aus der alten Gilde erhalten war, wünschte man sich, daß gutthätige Hertzen ihn mit Silberschildern beehren mögen, damit die Löbl. Gilde ein gutes Zierath produciren könne . Aus altem Bestand waren auch noch ein Rechnungsbuch - jetzt nicht mehr vorhanden -, eine der Wohltätigkeit dienende sogenannte Armenbüchse, die Vogelstange mit Zubehör und je vier Leichlaken (Sargdecken) und vier Totenbahren aufgeführt.
Man fragt sich, wo waren die Gildegerätschaften der alten Vereinigung vor 1719 geblieben, die jetzt neu beschafft waren? In Kriegszeiten - wie den oben angegebenen - lagerte man Wertgegenstände aus, man verkaufte oder versetzte sie, sie wurden gestohlen, verschleppt oder verschwanden beim Tod oder Weggang von Mitgliedern, denen sie anvertraut gewesen waren.
In anderen Gilden gibt es darüber konkrete Hinweise. Man muß dabei bedenken, daß es auch nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 - 1648) stets neue kriegerische Verwicklungen in unserem Land gab. Die Unterlagen der Nachbargilden beweisen, wie stark das Gemeinschaftsleben davon betroffen wurde: Aufrichtung und Niedergang von Gilden wechselten sich ständig ab. Auch Lütjenburg hatte viel zu leiden. Zum kriegerischen Überzug kamen zwei Großbrände 1633 und 1645, Einquartierungen, Kontributionen, Kosten für den Rathausneubau 1663 und den Wohnungsbau für die Geistlichkeit 1670. Nachdem die Schulden auf 16.000 Rtlr. angewachsen waren, ließ König Christian V. 1696 den Konkurs meiner lieben Stadt Lütkenburg erklären. Es ist verständlich, daß aus diesem bewegten 17. Jahrhundert von einem Gildeleben am Ort nicht viel zu berichten war.
Die Erklärung zur Neugründung 1719, die einleitenden Worte zur neuen Gildeordnung und deren Artikel selbst enthalten eine Reihe von Hinweisen auf die Vorgängergilde, leider nichts genaues über deren Ende. Dafür erhalten wir aber eine ganz konkrete Angabe, wann es eine Schützengilde zuvor am Ort gegeben haben muß. Das geschieht in Artikel 18 der neuen Satzung, wo es um die Vergütung für den jeweiligen Schützenkönig geht. Danach erhielt er von der Stadt 18 Mark - nicht Schilling, wie es in der Festschrift von 1969 heißt. Er bekam sie als Abfindung für die einst zur Verfügung gewesene Vogelwiese ( Gojenwisch ), deren Erträge er durch Eigennutzung, Verpachtung oder Verkauf von Heu nutzen konnte. In allen alten Schießgilden gab es derartige Landzuweisungen seitens ihrer Stadt für den Schützenkönig, dem vor allem durch Bewirtung der Gilde und Beschaffung eines neuen Vogels erhebliche Unkosten entstanden. Er erhielt außerdem 32 Mark von der Gilde, zusammen also 50 Mark gestalt es ao (anno) 1669 also observiret (gehandhabt) . Damit ist die Existenz einer Lütjenburger Schützengilde zum Zeitpunkt 1669 klar erwiesen, und man könnte jetzt, 1994, guten Gewissens das 325jährige Jubiläum feiern!
Diese Vorgängergilde ist als Schütz- und Totengilde , bei der der Vogel wird geschoßen , 1686 noch einmal erwähnt. Sie unterstand damals dem Bürgermeister Thießen als Vorsteher oder dessen Vertreter, dem Ratsherrn Tobias Buck.
Es gibt noch eine weitere Auskunft über eine Vorgängergilde, und zwar aus den Jahren 1694/96. Im Entwurf für eine Chronik der Stadt Lütjenburg von Rektor Walther Trede 1960 sind, leider ohne Quellenangabe, Gründung und Gilderollen einer Brand- und Schießgilde von 1694 und deren Bestätigung aus Kopenhagen von 1696 aufgeführt. Die bei Trede wiedergegebenen 25 Gildeartikel enthalten für die Schießgilde sachlich viele Übereinstimmungen mit denen von 1719, kein Wunder, weil sich die diesbezüglichen Punkte in allen Schützengilden der Zeit sehr ähneln. Detaillierter als 1719 sind die Brandartikel, aber ein Bestandteil Totengilde ist, wie der Gildename schon sagt, nicht vorhanden. Über das weitere Schicksal dieser Gilde ist bisher noch nichts Genaues bekannt. Aus der Geschichte der Gilden in den Nachbarstädten wissen eir, daß bei den sich wiederholenden Neugründungen im 17. Jahrhundert alle drei Schwerpunkte des damaligen Gildewesens, d.h. Vogelschießen, Brandversicherung, Begräbnis- und Sterbeversicherung wechselnd in einzelnen Gilden kombiniert wurden. In Lütjenburg verband man 1719 alle drei in einer Gesamtvereinigung.
Die neue, 1719 ins Leben gerufene Schützen-Todten- und Brand-Gilde übernahm als bürgerliche Vereinigung im Sektor Totengilde auch die diesbezügliche ehemalige Tätigkeit der Vier Ämter . Dafür sprechen schon die als Inventar angegebenen vier Leichlaken und vier Bahren. Dieses Vorhaben war jedoch ein besonders schwieriges. Schon die Vorgängerin der Gilde von 1719 muß ihre Probleme damit gehabt haben. 1719 heißt es in Artikel 30, daß wegen der Tragung der Leichen unter denen Amts-Meister der Vier Werken nd denen übrigen Gilde-Brüdern einige mahle Zwietracht und Uneinigkeiten entstanden... dadurch dan(n) die Gilde in Unordnung gerathen . Es waren demnach am Untergang der Vorgängergilde nicht nur die äußeren Zeitumstände schuld, sondern auch interne Zwistigkeiten zwischen den Vier Ämtern und den übrigen Mitgliedern. Um den alten Streit nicht wieder aufkommen zu lassen, wurde jedem, der erneut davon anfinge, 1 Mark Strafe angedroht. Der nächste Artikel zielt in dieselbe Richtung: Beschimpfungen der Gildechargen sollen gedoppelt gestraft, in hartnäckigen Fällen sogar vor die Stadtobrigkeit gebracht werden. Wer die Totenfolge für Gildebrüder oder deren Angehörige ganz oder teilweise versäumte, aber zu Haus gewesen , verfiel einer Geldstrafe an die Gildemeister, einer doppelten jedoch, sollte er dabei wie bereits geschehen mit unnützen und unhöflichen Worten heraus fahren.
Es ist verständlich, daß in einer umfassenden und größeren Zweckgemeinschaft, wie es eine Gilde der Neuzeit war, nicht alle einander so brüderlich gegenüberstanden, wie es der alte, aus dem mittelalterlichen Bruderschaften stammende Begriff Gildebruder ursprünglich zum Inhalt hatte. Zwischen alten und jüngeren Ämtern, zwischen Kaufleuten und Kleinhändlern, zwischen Beamten und Handwerkern gab es soziale Unterschiede, die auch in einer gemeinsamen Gilde zutage traten, insbesondere bei Versammlungen, wenn Alkohol genossen wurde. Die Folge war, daß bei dem obligatorisch vorgeschriebenen Grabgeleit für jeden Gildebruder nicht alle erschienen. Jede alte Gilde hatte in ihrer Satzung eine Reihe von Verhaltensmaßregeln, hier (1719) waren sie aus vorangegangener Erfahrung besonders eindeutig. Man schuf jetzt deshalb eine Vorsteherschaft mit höchster örtlicher Autorität. Zum Obervorsteher wurde der Bürgermeister, lebenslang und kraft seines Amtes, daneben ein Vorsteher , abwechselnd aus den Vier Ämtern und der freien Bürgerschaft gewählt. Beide Männer hießen Vorsteher und Richter und waren gehalten, prompt und streng für die Einhaltung der Satzung sowie Frieden und Ordnung innerhalb der Gemeinschaft zu sorgen ohne männigliches Wiederreden oder Verweigerung .
Schon im späten Mittelalter, besonders nach 1400, gab es in unserem Raum zahlreiche Bruderschaften, die sich im Geiste der Zeit vor allem in kirchlichen Stiftungen hervortaten. Nach den Großen Pestwellen ab 1350 hatte sich eine gesteigerte Volksfrömmigkeit entwickelt, vor allem auf eine Vorsorge für das ewige Seelenheil der eigenen Gemeinschaft bedacht. Ein beliebtes Mittel dazu bildete die Stiftung eines Nebenaltars in der Kirche, einer sogenannten Vikarie mit einem durch Messen und Gebete tätigen Priester. Diese Bruderschaften, jeweils nach einem Schutzpatron benannt, hießen im Volksmund Gilden. Es ist erwiesen, daß eine Reihe von ihnenauch nach der Reformation weiterbestand, um sich nun weltlichen Zielen wie Brand- und Sterbehilfe zuzuwenden. So konnten für Preetz eine Mariengilde 1437, für Heiligenhafen eine Kreuzbruderschaft 1445 und für Oldenburg eine Katharinengilde, sogar mit einer Satzung von 1451, als Vorgängergilden der heutigen örtlichen Schützengilden ermittelt werden.
Die Unterlagen des ehemaligen Bistums Lübeck enthalten aber auch entsprechende Hinweise für andere Orte, so auch für Lütjenburg, das selbst ja leider kaum über frühes Quellenmaterial verfügt. Aufschlußreich erscheint in diesem Zusammenhang eine Urkunde vom 31. August 1455, in der die Stiftung einer Vikarie in der Lütjenburger Kirche dokumentiert ist. Die Stiftung erfolgte durch die frates ac provisores fraternitatis sive Gylde B.Virg.ac Martyris Catharinae in opido Lutkenborch . Zu deutsch sind das die Brüder und Vorsteher der Bruderschaft oder Gilde der kl. Jungfrau und Märtyrerin Catharina in der Stadt Lütjenburg . Diese Katharinengilde in Lütjenburg erhielt auch das Vorschlagsrecht für den für sie tätigen Priester. Zu einer Versorgung hatte die Bruderschaft ein Kapital von 270 Mark aufgebracht und von dem Adligen Henneke Rantzau aus dessen Dorf Kembs (Gemeinde Behrensdorf) eine jährliche Rente von fast 21 Mark gekauft. Ganz ähnlich waren die Vorgänge bei den oben genannten benachbarten mittelalterlichen Gilden verlaufen. Wenn auch für Lütjenburg der direkte Zusammenhang zwischen mittelalterlicher Katharinengilde und nachreformatischer Toten- bzw. Brandgilde noch nicht belegt ist, so kann, wie bei der Entwicklung in den anderen Orten, durchaus an eine hiesige Parallele gedacht werden. Eine alte städtische und durchaus wohlhabende Bruderschaft, d.h. Gilde, hat es auch in der Stadt Lütjenburg nachweisbar gegeben!
Ihre enge Einbindung in die Gilde, wie sie sich 1719 zeigt, ist eine Besonderheit für Lütjenburg und in den Nachbarorten nicht vorhanden. Die Vier Ämter oder Werke , d.h. die Zünfte der Schuhmacher, Bäcker, Schneider und Schmiede, standen in der Gilde den Mitgliedern aus der freien Bürgerschaft gegenüber. Das waren Angehörige der übrigen Zünfte am Ort, wie Weber, Tischler, Maurer und Zimmerer, andere Handwerker ohne örtliche Zunft, z.B. Goldschmiede oder Töpfer, sowie die in der Stadt führenden Kaufleute und Brauer, einzelne Beamte und Vertreter witerer Berufe, wie sie in einer Kleinstadt vorkamen.
Die genannten Vier Ämter , auch als die alten bezeichnet, spielten in Lütjenburg seit der Stadtwanderung im 13. Jahrhundert eine besondere, und zwar in städtischen Angelegenheiten mitbestimmende Rolle. Das war von Lübeck übernommen, dem großen Vorbild aller hiesigen, nach Lübschem Recht organisierten Städte, und wurde in Lütjenburg sehr lange beibehalten. Im politischen und gesellschaftlichen Leben nahmen diese vier ältesten, seit dem Mittelalter nachweisbaren Zünfte eine herausragende Stellung ein. Nur ihre Meister konnten neben Händlern und Kaufleuten in den Rat der Stadt aufsteigen. Die nach Lübschem Recht zur Ratsfähigkeit nötige Kaufmannschaft erreichten sie durch den Verkauf ihrer Erzeugnisse, aber auch anderer Waren. Noch im 18. Jahrhundert war diese Vorherrschaft der Vier gewahrt, so daß sie auch bei der Bildung einer Bürgergilde berücksichtigt wurde, indem ihnen die Hälfte aller zu besetzenden Gildechargen eingeräumt war.
Die Verbindung zur Gilde von 1719 ergab sich auch noch aus einem ganz speziellen Grunde. Rund 100 Jahre zuvor hatte das Amt der Bäcker 1635 ein teures Leich-Laken angeschafft. Das war eine Sargdecke (Laken = Stoff, Decke), das sichtbare Zeichen einer würdigen, ehrenvollen Beerdigung. Wir können uns heute kaum noch vorstellen, wie wichtig für die Menschen damals die Gestaltung eines Begräbnisses war. Es geriet gleichsam zum Statussymbol des eigenen Standes und seines Ansehens in der Öffentlichkeit. Das war auch noch 1732 so, als die Anschaffung eines sehr teuren Lakens der Gilde unerläßlich erschien und ihr große Schulden einbrachte. Anders bei den Bäckern 1635. Sie gaben damals die große Summe von fast 100 Mark aus, für 9,5 Ellen scharzen Stoff, 4 Ellen wießen Seidentaft, Fransen, Nähseide und Macherlohn. Letzterer betrug allerdings nur 6 Mark. Sie konnten sich das leisten, denn sie hatten seit 1629 ihr Zunftgeld dafür gespart. Anschließend gewannen sie die übrigen drei alten Ämter auch dafür, so daß sie 1637 angaben, daß diese mit ihnen die Kosten geteilt hatten, weil sie in daß Becker Lacken eingetretten . Einnahmen und Bewirtschaftung gingen jährlich reihum.
Damit begründeten diese Zünfte eine Brgräbnisgemeinschaft, die auch für die übrige Bürgerschaft von Nutzen war. Bald schaffte man auch eine zweite Bahre an und 1640 ein Klein-Lacken für 24 Mark, wahrscheinlich für die häufigen Kinderbeerdigungen. Eine Vermietung von Leichlaken und Bahren, die Anerkennung und Gewinn brachte, übte in Preetz z.B. lange Zeit die Schneiderzunft aus.
Das Schießen nach einem Vogel ist bis ins Altertum zurückzuverfolgen und machte mancherlei Wandlungen durch. Mit den Kreuzzügen tauchte der exotische, farbenprächtige Papagei in Europa auf, er lebte in Norddeutschland von nun an als Sinnbild eines bunten Vogels im Wort Goje fort. Für Lütjenburg bezeugen das der Gojenberg, die Gojenstange und die Gojenwiese noch lange. Das Vogelschießen war in ganz Norddeutschland verbreitet. 1651 schrieb der Schreiber der erneut aufgerichteten Plöner Schützen- und Totengilde geschichtskundig, daß in unserem Vaterland Teutscher Nation jährlich ein Gewohnheit ist, in außgehenden Pfingstfeyertagen in fast allen Orten zu Friedenszeiten eine lustliebende Conversation ...nemblich eines rittermäßigen Spiels als mit büxßen schießen nach einer Scheibe zu pflegen, hauptsächlich in abschießung eines Königs Vogels . Dasselbe kann man auf alle hiesigen Städte beziehen, auch auf Lütjenburg. Als die Högsdorfer Brand- und Schützengilde 1687 begründet wurde, hatten die Dorfbewohner ihren Gutsherrn Henning v. Buchwaldt eindringlich auch um das Schießen nach dem Vogel gebeten, weil es eine alte Freiheit von unseren benachbarten Alt-Vätern, und noch jetzund junge benachbarten wäre. Mit Sicherheit hatten sie damit die besonders nahe benachbarten Lütjenburger gemeint, die dann auch vereinzelt selbst in diese dörfliche Gilde eintraten. Die engen verwandtschaftlichen und beruflichen Beziehungen der Bevölkerung der hiesigen kleinen Landstädte untereinander ließen natürlich auch einen engen Austausch vieler Sitten, Gebräuche und Moden stattfinden. So ähneln sich auch alle Schützengilden dieses Raumes. Ihre Satzungen waren nach demselben Grundmuster angelegt mit nur gelegentlich örtlich bedingten Abweichungen. In diesen Zusammenhang gehören auch die 25 Artikel der Schieß- und Brandgilde Lütjenburgs von 1694/96, über die bereits berichtet wurde.
Die Handhabung der Gewehre bei der Goyenstange war durch etliche Artikel festgelegt. Jeder Gildebruder durfte auf Wunsch noch für zwei andere mitschießen. Den Gewinn erhielt jedoch der, für den der Schuß abgegeben war. Dem König standen die ersten drei Schüsse zu, dann folgten die Gildebrüder der Reihe nach, wie sie ausmarschiert waren. Für die größten Teile vom Kopf, den Flügeln (Flunken) und dem Schwanz des mit Eisen beschlagenen Holzvogels gab es Silberlöffel von je drei Lot, für die Königschaft , das Letzte des Vogels, wozu auch die Plate, mitnichten aber der Ring gehörte, war ein Silberbecher von acht Lot - so auch in Plön - ausgesetzt. Wurde ein Gildebruder dreimal hintereinander König, gehörte ihm, wie auch andernorts, der Silbervogel, wenn dieser nicht von der Gilde nach dem Silbergewicht ausgelöst wurde. Dem König stand nach dem Schießen ein Geleit ins Rathaus zum Festschmaus und Tanz und später auch nach Hause zu. In den Städten war das Rathaus seit alters das Zentrum der freien Bürgerschaft, in dem auch Festlichkeiten im sog. Audienzsaal - nach dem Lübecker Vorbild bezeichnet - stattfanden. Der vorjährige König hatte dort für die Speisen des Gelages zu sorgen, und zwar für je 12 Personen einen rohen Schinken, dazu Mettwürste, Lammbraten, Salat, Brot und Butter. Das dazugehörige Bier besorgte die Gilde. Außerdem lieferte der alte König den Silbervogel wieder ab, schenkte ein neues Silberschild zum Gedächtnis für wenigstens 1 Mark 8 Schilling und im kommenden Jahr einen Tüchtigen Vogell für die Stange. Von seinen Einkünften war bereits im Kapitel über die Vorgängergilden die Rede.
Gerne wüßte man manche Einzelheiten mehr, gerade über die Ausgestaltung der Schützenfeste. Weil es sich dabei zumeist um allgemein verbreitete, lang geübte Gepflogenheiten handelte, wurden sie nicht aufgeschrieben. Einiges aber kann aus den an sich kargen Eintragungen des Protokollbuches und anderer Quellen ergänzt werden. 1785 wurde das Vogelschießen auf den Dienstag nach Pfingsten verlegt. Bis um die Mitte des Jahrhunderts hatte sich in vielen Schützengilden ein militärisches Ritual eingebürgert. Ein Offizierskorps, Fahnen und Trommeln brachten mehr Farbigkeit in die Präsentation in der Öffentlichkeit. Besonders früh geschah das im Gottorfer Landesteil durch den Herzog Carl Friedrich (1700 - 1739). In dem ihm unterstehenden Grömitz wurde er 1729 Schützenkönig. Er förderte seine Schützengilden durch kostbares Gildesilber, Geldzuwendungen und eigene Teilnahme. Die Grömitzer Schützen- Toten- und Brandgilde erlebte damals eine Blütezeit und übte eine Anziehungskraft auf Auswärtige aus. Einige Lütjenburger, die in der eigenen Gilde aktiv waren, wurden auch dort Mitglied und erwarben sogar Chargen: Gevert, Thiessen und Wichmann. Sie werden wahrscheinlich einiges von den neuen Grömitzer Gebräuchen, z.B. Fähnrich und Leutnant, zu Hause mit angeregt haben. Man fragte die Grömitzer auch um Rat, so in einem Streit um die Königschaft 1727. Da der erste Fähnrich in der Lütjenburger Gilde 1741 bekannt ist, muß um diese Zeit auch eine Gildefahne vorhanden gewesen sein. 1793 wurde sie als nicht mehr brauchbar für 12 Schillinge verkauft und eine neue angeschafft. Johann Jürgen Schöning, Brauer und Brenner, stiftete 1769 eine Messingtrommel, außerdem ein Sponton (kurze Pike). Unter großem Beifall der Gildebrüder wurden ab 1794 zum Gildefest zwei Tamboure - statt bisher einem - gemietet, sie kamen 1801 aus Lübeck.
- in der Schützen-Todten und Brand-Gilde vom 18.5.171
- in der Vereinigten Todten-Beliebungs-Gilde vom 14.8.171
- in der Freiwilligen Vereinbarung vom 2.6.1773.
In diesem Zusammenhang ist die Vorrede zur Satzung der Beliebung aufschlßreich. Geschrieben wurde sie wie auch der erste Teil des Protokollbuches der Gesamtgilde vom Stadtsekretär Assessor Joh. Jacob Kienen, einem juristisch vorgebildeten Mann mit Lateinkenntnissen. Ob er jedoch auch der Verfasser der Vorrede war, ist bis jetzt nich zu entscheiden, sie müßte eher von einem Theologen oder einer entsprechenden Vorlage stammen. Dem Hochgeneigten Leser wird eine Vielzahl von Bibelstellen angegeben, die vom Tode als dem Endzweck des menschlichen Lebens und der daraus abzuleitenden Christenpflicht eines ehrenvollen Begräbnisses handeln. Ausführungen des heiligen Augustins werden gewissermaßen als Abschreckung andersartigen Sitten vorchristlicher Zeit gegenübergestellt. Als Überleitung zur Satzung der Gilde heißt es dann: Als hat sich hiesige Löbliche Bürgerschafft freundl. und gutwillig verbunden, weil die Stunde des Todes ungewiß, und die glücklichen Nahrungs Aspecten nicht allemahl gleich, bey Zeiten durch eine geringe Zulage dahin zu sehen, damit hinkünftig, wen der Herr über Leben und Tod, nach seinem unwandelbahren willen, einen oder den anderen abfordern würde, durch einhellige assistence die Leiber möchten ehrlich Zur erden bestattet werden. Der Zweck der Gilde wird als eine kluge Vorsicht gewertet.
Das 1719 festgesetzte Leichengeld betrug für einen Erwachsenen, Mann oder Frau, 24 Mark oder 8 Reichstaler, für ein Kind über 4 Jahre 12 bzw. 4 und unter vier Jahren 9 Mark oder 3 Reichstaler. Das weist das sehr genau geführte damalige Rechnungsbuch aus. In derSatzung von 1719 im Protokollbuch ist die zuerst angeführte Summe in den späteren Stand von 14 Reichstalern geändert worden. Man machte sich Veränderungen oft bequem, indem man die neuen Angaben ins alte Manuskript hineinverbesserte, ohne ein Datum mit anzugeben. Ebenso verfuhr man mit Mitgliederlisten. Die an Hinterbliebene auszuzahlenden Beträge erhöhten sich mit der Zeit, nach 20 Jahren waren sie auf 9, bald auf 10 Reichstaler für die Erwachsenen angestiegen. 1770 hatten sie dann den in die Satzung überklebten Betrag von 14 Reichstalern erreicht. Diese Leistungssteigerung spiegelt die günstige Entwicklung der Beliebungsgilde wider. Sie begann 1719 mit rund 50 Mitgliedern, blieb so bis 1730, nahm dann stetig zu bis zu 100 Mitgliedern um 1750 und erreichte um 1800 180 Interessenten , darunter 20 Auswärtige. Das Eintrittsgeld war 1719 auf 3 Mark festgesetzt, abgelebte Personen , d.h. über 50jährige, mit starker Familie zahlten 4 Rtlr., konnten nach 10 Jahren jedoch das überzahlte Geld zurückerhalten. Jeder Gildebruder leistete jeden Monat das sog. Büchsen- oder Ladengeld von 4 Schilling, im Jahr insgesamt 3 Mark (1 Mark = 16 Schilling). Ladengeld hieß es nach der Aufbewahrung in der Gildelade. Im Jahr fanden 12 Ladentage statt, bei denen die beiden Ältermänner vor der geöffneten Lade die fälligen Beiträge von den itgliedern entgegennahmen. Büchsengeld kam von den beiden dabei benutzten Sammelbüchsen. 1719 schaffte man zwei hölzerne Gefäße an, 1730 stiftete dann der damalige Ältermann, Drechslermeister Peter Kurtzweil, zu demselben Zweck zwei von ihm gearbeitete Deckelschüsseln.
Die Höhe der Beiträge änderte sich mit der Zeit, sie ermäßigte sich sogar bis auf die Hälfte, wohl aufgrund steigender Mitgliederzahlen und zunehmenden Kapitals. Die Lade mit dem Gildevermögen befand sich stets im Hause des älteren Ältermanns, der dafür auch noch einen Bürgen zu stellen hatte. Die Satzung von 1719 verordnete, daß das eingenommene Geld zu der Gilde Nutzen möge angelegt werden . Das tat man durch die Vergabe von Darlehen, zunächst gegen Pfand, z.B. Silber, zunehmend dann gegen eine Handschrift , einen Schuldschein. Dafür mußten Zinsen, sogenannte Renten, gezahlt werden, von Gildebrüdern vier, von Fremden fünf Prozent (1754). 1730 leisteten schon zehn Personen eine Rente, ihre Darlehen betrugen meist mehr als 10 Reichstaler. Weitere Einnahmen brachten die Eintrittsbrüder , die neuen Mitglieder mit je drei Mark. Die Ausheimischen zahlten je acht Schillinge jährlich, um von der Beerdigungsfolge befreit zu sein. Ferner gab es Starfgelder für allerlei kleine Vergehen, z.B. nicht pünktlich gezahlte Monatsgelder oder einfach, weil jemand unnütz gewesen war. Schon 1730 betrug das Gildevermögen 587 Mark und wuchs bis 1800 auf über 2000 Mark an. Die Rechnungsbücher von 1719 an bis 1864 - es sind 5, leider manche in bedenklichem Zusatand - sind im Gegensatz zum Protokollbuch sehr genau geführt. Sie Können noch allerlei Aufschlüsse geben, wenn zu ihrer Bearbeitung einmal genügend Zeit zur Verfügung steht.
Die Beliebung führte nach innen und außen als Gilde ein Eigenleben. Sie besaß auch den Aufbau und die Kennzeichen einer solchen, vor allen Dingen die eigene Satzung von 1719 mit 25 Artikeln und deren obrigkeitliche Bestätigung von 1722, wofür man 15 Mark an die Stadt bezahlte. Im ersten Rechnungsbuch erschienen als erste Älterleute der Ratsherr und Kaufmann Martin Hinrich Gevert und der Schuhmachermeister Hans Hinrich Schweim, beide auch in der Gesamtgilde mehrmals in führender Stellung. Sie vermerkten den damaligen Besitz der Gilde, der von gut hertzigen Brüdern gestiftet worden war: das Protokollbuch von Gevert und Bäcker und Brauer Humfeldt, eine Lade mit mahl werck (Malerei) von Schneidermeister Hans Wulff, die Meister Andreas Michel Thießen für 5 Mark mit Eisen beschlug, von Schneidermeister Hinrich Krohn eine hübsche Armenbüchse, das unerläßliche Zeichen der Wohltätigkeit aller Gilden, und ein hölzerner Gildehammer von Meister Hinrich Wilcken. 1781 verehrte der damalige Ältermann Drechslermeister Politz sogar ein hölzernes, selbstgefertigtes Schreib-Geschirr . Man muß sich wieder fragen, wo alle diese Dinge geblieben sind. Wenn man jetzt von der Existenz erfährt, könnte sich vielleicht doch etwas davon wiederfinden!
Neben den beiden Älterleuten, den Alten , gab es jährlich acht gewählte Deputierte . Sie hatten vor allem Streitigkeiten mit zu entscheiden und die jährliche Rechnungslegung mitverantwortlich zu unterzeichnen. Der Rechnungstag fand Mittwoch nach Johanni (24. Juni) statt, zu dem alle Mitglieder zu erscheinen hatten. Ihnen wurde die Abrechnung des Jahres vorgelesen, danach durften sie Klagen und Beschwerden mit Bescheidenheit vortragen. Da die Buchführung und Verwaltung der anwachsenden Gemeinschaft allmählich umfangreicher und schwieriger wurde, erweiterte man Johanni 1773 den Vorstand durch einen Vorsteher in der Person des Bürgermeisters, der den Älterleuten mit Rat und Tat beistehen sollte und dafür als Mitglied beitragsfrei blieb.
Mehrere Artikel der Satzung ergänzten die Beerdigungsriten der Gesamtgilde. Danach hatte der Gildebote für die Aufbahrung der Leiche im Sterbehaus die Lichter (Leuchter) auf der Leiche setzen und solche wieder an ihren Orth (zu)bringen . Das Trauergefolge mußte in schwarzen Mänteln oder Kleidern erscheinen. Der Mantel galt früher als ein besonders vornehmes Kleidungsstück, er war teuer und konnte sogar als Pfand versetzt werden. Die Strafen für unterlassene Trauergefolge wurden danach unterschieden, ob man den Weg zur Kirche und zur Grabstelle versäumte (4 Schilling) oder wenigstens bis zur Kirche mitkam (2 Schilling).
Die Satzung enthielt außerdem die üblichen Verhaltensregeln für das Miteinander in der Gildegemeinschaft. Bestraft wurden unnützes Saufen , Streit, Schlägerei, Unpünktlichkeit, unentschuldigtes Fehlen und Ungehorsam gegenüber den Älterleuten. Der geöffneten Lade kam auch hier wie in allen Gilden absolute Autorität zu, man hatte vor ihr mit ordentlicher Kleidung und entdecktem Haupt zu erscheinen. Schimpfwörter und Schlägerei waren dort noch einmal so teuer wie bei geschlossener Lade. Man verfurh insgesamt nach dem üblichen bürgerlichen Ehrenkodex von Zünften und Gilden, d.h. unehrenhafte Berufe und Gerüchte (Ruf) konnten zum Ausschluß führen. Wie es einem Mitglied in dieser Hinsicht gehen konnte, zeigt ein Lütjenburger Gerichtsprotokoll von 1747. Der Perückenmacher Johann Conrad Seiler (Seidler) kam durch üble Nachrede so in Verruf, daß er ausgestoßen werden sollte. Er klagte vor dem städtischen Gericht, um seinen guten Ruf zu retten und muß sich dabei so rehabilitiert haben, daß er weiter Gildebruder blieb, seine Witwe auch noch über seinen Tod 1752 hinaus.
In Artikel 22 der Rolle wurden die Gebühren für Bestattungen von Nichtmitgliedern festgesetzt: 6 Mark für die Gildelade, 1 Mark für den Gildeboten und als Trägergebühr. In diesem Zusammenhang werden die Herren Gilde Brüder freundlich ersuchet , natürlich völlig freibleibend, bei Todesfällen in ihren Familien die Särge von gut Eichenholtz bei den Tischlermeistern in der Gilde zu bestellen. Nicht lange danach, um die Jahrhundertmitte, erfolgten im Lande obrigkeitliche Verbote, dazu Eichenholz zu verarbeiten, weil ein erheblicher Mangel daran eingetreten war. Im übrigen spielte die Form des Sargdeckels eine Rolle, plattgedeckelte Särge galten als wenig ehrenvoll und wurden vorwiegend bei Armenbegräbnissen verwendet. Besonders die Zünfte hielten darauf, daß verarmte Meister oder nicht ansässige Gesellen mit allen Ehren beerdigt wurden.
Die Mitgliedschaft in der jetzt der Gilde angehängten Korporation war völlig freiwillig, ein jedweder behält seinen freien Willen (Artikel 11). Man fragt sich natürlich, warum es neben der bereits vorhandenen und anscheinend gut arbeitenden Toten-Beliebungsgilde noch zu dieser Gründung kam. Beim Lesen der neuen Satzung entsteht der Eindruck, daß man 1773 neben dem Sterbegeld aus der Beliebung ein weiteres, und zwar schnelles für die Hinterbliebenen wünschte. Wir wissen nicht, wie lange die Auszahlung des Totengeldes bei der Beliebung jeweils dauerte, wahrscheinlich aber für manche zu lange. Bei der freiwilligen Vereinbarung lag das Geld schon bereit. Man verband hier einen neuen und einen alten Gesichtspunkt zu folgender Handhabung: Neu war, das Eintrittsgeld nach dem Alter zu bemessen, für unter 40jährige 2 Schilling, für 40 bis 50jährige 4 Schilling, für 50 bis 60jährige 6 Schilling und für über 60jährige 12 Schilling. Alt war, daß kein laufender Beitrag wie in der Beliebung erhoben wurde, sondern nur für den tatsächlich eintretenden Todesfall eines Gildebruders, und dann pro Mitglied 4 Schilling. Den auszuzahlenden Betrag ergab die Zahl der Mitglieder mal 4 Schilling. Das waren in den ersten Jahren bei 74 Mitgliedern rund 18 Mark. Da jeder Eintrittsbruder innerhalb von acht Tagen außer seinem Eintrittsgeld auch ein Sterbegeld von vier Schilling zu leisten hatte, war in der Kasse die Summe für den nächsten Todesfall bereits vorhanden. Nach einer Auszahlung wurden deshalb von allen Mitgliedern durch den Gildeboten sofort wieder 4 Schilling eingesammelt.
Eine eigene Verwaltung gab es für diese Gesellschaft nicht. Das einkommende Geld kam in die Lade der Gesamtgilde und unterstand deren ältestem Gildemeister. Die Buchführung in einem eigens dafür angeschafften Buch oblag dem zweiten Gildemeister, es liegt von 1773 bis 1817 vor. Die Abrechnung wurde vor der Gesamtgilde an deren Rechnungstag unter Aufsicht der beiden Vorsteher gehalten. Mitglied konnten nur Gildebrüder und deren Witwen sein. Einige zweckdienliche Ausnahmen aber gab es. 1775 nahm man den Organisten Holdt auf, der dafür die Verwaltung der gildeeigenen Totenbahre übernahm. Da sie bisher das öfteren unerlaubt, d.h. unentgeltlich benutzt worden war, hatte man sie jetzt durch Kette und Schloß gesichert. Recipiert wurde ferner der Stadtmusikus Georg Christoph Rägner, der für die Musik der Gesamtgilde verantwortlich war, ferner 1791 Hauptpastor Johann Wolff, der Fürbitte und Danksagung für das jeweilige Vogelschießen umsonst zusagte.
Am Ende des Rechnungsbuches 1817 werden 210 zahlende Mitglieder der Freiwilligen Vereinbarung genannt, außerdem eine 1773 bis 1813 umfassende Gesamtzusammenstellung der 293 Sterbefälle, für die eine Auszahlung an Hinterbliebene inzwischen erfolgt war. Durch die gestiegene Mitgliederzahl betrug das Sterbegeld mittlerweile rund 50 Mark, gezahlt wurde nur für Erwachsene.
Der Artikel 38 der hiesigen Satzung von 1719 diente dem allgemeinen Feuerschutz. Bei Bränden, angezeigt durch das Läuten der Sturmglocke, hatte jedermann sein Haus zu verlassen, um am Löschen teilzunehmen und Plünderungen zu verhindern. Der folgende Artikel bestimmte, daß jedes Gildemitglied einen mit seinem Namen gekennzeichneten Leder-Wassereimer auf dem Rathause ablieferte, damit man sich deßen in der Zeit der Not gebrauchen könne . Diese Brandgilde diente zwar dem öffentlichen Wohl, aber nicht mehr dem einzelnen Gildebruder wie einst. Man befand sich schon in der Endzeit der kleinen örtlichen Brandgilden, die durch ihre niedrigen Leistungen keine wirkliche Hilfe für den Brandgeschädigten mehr erbrachten und dazu geführt hatten, daß viele Hausbesitzer in etlichen Gilden der Nachbarschaft gleichzeitig Mitglied waren. Da griff der Staat ein. Im königl. dänischen Landesteil Holsteins, wozu auch Lütjenburg gehörte, wurden die privaten Brandgilden 1739 verboten. An ihre Stelle trat eine staatliche Organisationsform, für Lütjenburg liegt sie als städtische Feuerordnung 1749 vor. Damit beantwortet sich auch die Frage, wie lange die Gesamtgilde noch eine Brandgilde war, schnell und einfach, nämlich längstens bis 1749. Von da ab gab es nur noch die Schützen-Todten-Gilde in Lütjenburg.